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Ulm News, 14.03.2022 22:54

14. March 2022 von Thomas Kießling
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Umzug wegen Schnellzug: Neue Behausungen für Fledermäuse


Manche Fledermäuse wohnen bereits seit zehn Jahren in neuen Behausungen, die ihnen die Bahn zur Verfügung gestellt hat. Mit dem sperrigen Begriff „Vorgezogene Ausgleichsmaßnahme“ werden die Naturschutzvorschriften bezeichnet, die bei solchen Großprojekten wie der Bahnstrecken Wendlingen-Ulm Pflanzen und Tieren Ersatzlebensräume schaffen.
Text/Fotos für ulm-news: Thomas Heckmann

Der Neubau der Bahnlinie hat gemeinsam mit dem Autobahnausbau auch für die Tiere entlang der Strecke Veränderungen gebracht. Ulrike Barleben ist beim Bahn-Projekt für den Natur- und Artenschutz zuständig, in ihrer Abteilung hat man bereits vor 15 Jahren begonnen, Pflanzen und Tiere entlang der geplanten Trasse zu erfassen und gemeinsam mit den örtlichen Förstern und Jagdpächtern Tierrouten zu kartieren.
Als dann neben Insekten und seltenen Schmetterlingsarten auch sieben verschiedene Fledermausarten zwischen Wendlingen und Ulm gefunden wurden, kam moderne Technik zum Einsatz. Ultraschallrekorder haben vorbeifliegende Fledermäuse registriert, die sich mit den für Menschen unhörbar hohen Tönen orientieren. Im Rahmen der Baugenehmigung musste gemeinsam mit den Naturschutzbehörden ein geeigneter Ersatz für den bisherigen Lebensraum gefunden werden. Zwischen Merklingen und Scharenstetten gibt es zahlreiche Fledermäuse, die Ersatzunterkünfte brauchten.
Dafür hat die Bahn schon vor zehn Jahren bei den Waldbesitzern geeignete Bäume abseits der Bahnlinie angekauft, die 30 Jahre lang stehenbleiben und als Fledermausquartier dienen. Je nach Fledermausart wohnen die Fledermäuse hinter der Rinde, in Baumspalten oder auch in leerstehenden Spechthöhlen im Bauminneren. Damit diese Bäume nicht versehentlich gefällt werden, wurden die Bäume mit Infoschildern gekennzeichnet. Andere Fledermausarten leben lieber in Höhlen, Häusern oder Tunneln, für sie gibt es insgesamt 32 Fledermauskästen, die in der Merklinger Umgebung an Bäumen hängen. Der Diplom-Biologe Ralf Schreiber ist mit der ökologischen Bauüberwachung beauftragt und kontrolliert die Kästen auf ihre Nutzung. In einem Waldstück direkt neben der Bahnlinie ist das monotone Rauschen der Autobahn zu hören und ab Jahresende sind dann auch die mit 250 Stundenkilometern vorbeirauschenden Züge zu hören. Im Moment macht jedoch der Specht den meisten Krach, wenn er sich eine Behausung in einen Baumstamm hämmert. Weiter unten hängen verschiedene Kästen, damit jede Fledermausart eine geeignete Behausung hat. Die Zugänge sind waagrechte Schlitze, die gegenüber den runden Löchern von Vogelnistkästen verhindern sollen, dass die falschen Bewohner einziehen. Wie reizvoll die Kästen für Vögel sind, zeigt ein Kasten, an dem deutliche Klopfspuren eines Vogelschnabels oberhalb des Schlitzes zu sehen sind. Der Vogel hat offenbar aufgegeben, ihm ist es nicht gelungen, in die Fledermauswohnung einzudringen. Beim Öffnen eines anderen Fledermauskasten entdeckt Schreiber ein Meisennest. Die kleinen Vögel haben es geschafft, einzuziehen. Während der Biologe vorsichtig das Nest ausräumt und darüber sinniert, dass sich Blaumeisen und Fledermäuse in einer Wohngemeinschaft vertragen können, entdeckt er noch Fledermauskot im Kasten. Offenbar hat auch eine Fledermaus hier gewohnt, ob das gleichzeitig mit der Meise war oder davor, lässt sich nicht mehr feststellen. Nach dem Putzen des Fledermauskasten wird er wieder am Baum aufgehängt. Der Baum ist jünger, vom Durchmesser kaum dicker als der Kasten, denn der Kasten soll die nächsten 30 Jahre hängen bleiben können.
Für Wildtiere, Mäuse, Käfer und weitere Tiere wurde bei Scharenstetten die auffällige Grünbrücke gebaut, auf der Tiere zwischen Gräsern, Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern links und rechts der Bahnstrecke gefahrlos wandern können. Da sich Flederm äuse durch ihren Ultraschall eher an Baumreihen oder Schneisen orientieren, haben sie in der Nähe zwei Fledermaustunnel bekommen. Die dunklen Durchlässe unterqueren die Bahnstrecke und die Autobahn, sie dienen gleichzeitig als Wanderroute und als Quartier.
Die Fledermausarten, denen es im Winter in einer Baumhöhle zu kalt ist, haben so eine Überwinterungsgelegenheit nahe an ihrer angestammten Umgebung, denn Schreiber bezeichnet die Tiere als „konservativ“, sie sind zwar nachts bis zu zehn Kilometer unterwegs, behalten ihren Schlafplatz normalerweise in einem Umkreis von nur wenigen Hundert Metern. 



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