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Ulm News, 22.11.2010 11:59

22. November 2010 von Thomas Kießling
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Genmais: Der Tod einer ganzen Kuhherde


Über 200 interessierte Zuhörer, darunter sehr viele Landwirte, wollten im Alb-Saal der Raststätte Seligweiler wissen, wie es zum Tod einer ganzen Kuhherde kommen kann. Gottfried Glöckner, technikbegeisterter Diplom-Landwirt aus dem hessischen Wölfersheim, lieferte aus seiner leidvollen Berufserfahrung heraus eine klare, von wissenschaftlichen Untersuchungen untermauerte Antwort: Das hochgiftige Toxin in seinem genmanipulierten Maisfutter war die Ursache.

Gottfried Glöckner zählt zu den ersten „Gentechnik-Bauern“ des deutschsprachigen Raumes. Ausgestattet mit hervorragenden Zeugnissen und aus einer großer Begeisterung für die neuen Möglichkeiten der grünen Gentechnik, hatte er sich darauf eingelassen, den sogenannten Genmais BT 176 der Firma Syngenta auf seinen Feldern im Sinne eines Pilotversuchs als Futter für seine 70 Kühe anzubauen. Das Ergebnis: Alle Kühe gingen innerhalb von 2 Jahren jämmerlich zu Grunde - zunächst seine 17jährige Kuh „Nelke“ mit einer 110.000 kg Milch Lebensleistung, danach alle anderen. Erfahrene Bauern im Saal konnten es kaum fassen, als sie das Bild der Kuh „Marylin“ kurz vor ihrem Ableben mit einem kompletten Euterdurchbruch sahen.

Wie konnte es dazu kommen?

1997 hatte die EU-Kommission die Genehmigung für das Inverkehrbringen des Bt-176 Genmaises erteilt, wodurch dieser angebaut und an die Tiere verfüttert werden durfte. Glöckner las alle ihm zugänglichen wissenschaftlichen Untersuchungen und erfuhr, dass die gentechnisch veränderten Pflanzen von den Zulassungsbehörden als „substanziell äquivalent“ – also von den Inhaltsstoffen her gleichwertig zu den jeweils gleichen konventionellen Sorten – eingestuft wurden. Diese Genmais-Pflanze produziert das Toxin Bacillus thuringensis (Bt), welches der Bekämpfung des Maiszünslers dienen soll. Der Genmais gibt dieses Gift, solange er auf dem Acker steht, ständig an seine Umwelt weiter – mit allen Konsequenzen, wie Glöckner später feststellen musste. Denn schon nach einem Jahr begann das Leiden in seiner Kuhherde: klebrig-grau-weißer Durchfall, Wasseransammlungen in den Gelenken, Ödeme in den Eutern, Blut in der Milch, Missbildungen bei den Kälbern und letztendlich tote Kühe.

Untersuchungen beweisen hohe Gift-Anteile im Futter

Glöckner handelte schnell und gab auf eigene Kosten bei verschiedenen Labors Untersuchungen in Auftrag. Das Ergebnis: Im Gen-Körnermais, Gen-Silomais und in der Grassilage wurden hohe Anteile von Toxin gefunden. Besonders überrascht sei er über die Ergebnisse in der Grassilage gewesen: Er hatte den Dung seiner mit Genmais gefütterten Kühe auf seine Grünflächen ausgebracht, und eben diese Grünflächen waren dadurch hochgradig kontaminiert worden. Das tödliche Gift hatte sich also inzwischen auf seiner Weide ausgebreitet.

Syngenta lässt Glöckner fallen

Die Firma Syngenta als Produzent des verfütterten Genmaises reagierte, so Glöckner auf seine Produktbeanstandungen zunächst mit der Behauptung, dass das Toxin eigentlich im Siliervorgang abgebaut würde und Glöckner wohl falsch gefüttert hätte. Als Glöckner jedoch unmissverständlich belegen konnte, dass das Toxin im Kot, im Blutkreiskauf und in den Lymphknoten nachgewiesen worden war, hüllte sich der Gentechnikkonzern in Schweigen.

So blieb dem anfangs Gentechnik-begeisterten Landwirt nach dessen Darstellung nichts anderes übrig, angesichts des betrieblichen Totalschadens gegen Syngenta juristisch vorzugehen. Über mehrere Instanzen liegt der Fall nach Auskunft des Referenten jetzt ungeklärt beim Bundesgerichtshof. Zwischendurch hätte Syngenta mehrfach vergeblich versucht, ihn mit verlockenden Angeboten mundtot zu machen: zuerst mit einem stattlichen Mähdrescher und dann mit hohen Geldsummen.

Glöckner gibt nicht auf

Gottfried Glöckner, der sich bei seinem Vortrag in Seligweiler als tief gläubiger Mensch präsentierte, sieht sich jetzt in der Verantwortung, die Öffentlichkeit und vor allem die Landwirte aufzuklären. Glöckner: „Letztlich bleibt alles am Landwirt hängen. Die Landwirte brauchen aber Sicherheit, denn sie wollen vernünftige Rohstoffe produzieren.“ Darum wurde er in seinem Vortrag nicht müde, auf die verheerenden Auswirkungen des Bt-Toxins im Genmais hinzuweisen. So sei es ihm 2009 gelungen, Agrarministerin Ilse Aigner davon zu überzeugen, den Anbau von MON 810, dem nur geringfügig modifizierten Genmais des Agrochemie-Konzerns Monsanto, in Deutschland zu verbieten. Auch Frankreich, Österreich und drei weitere europäische Ländern haben sich diesem Anbauverbot angeschlossen. Trotzdem wurde im Frühjahr diesen Jahres, wie mehrfach berichtet, in verschiedenen Bundesländern illegal angebauter Genmais entdeckt.

Heftige Kritik übte Glöckner vor allem an den Zulassungsverfahren der nationalen und europäischen Zulassungsämter: “Die im Zulassungsantrag vorgelegten Untersuchungen wurden beim Syngenta-Mais „eins zu eins“ von der Behörde übernommen. Nie habe jemand Einspruch eingelegt. Das sei für ihn einfach nicht nachvollziehbar, verweist Glöckner auf das, was ihm auf seinem Hof widerfahren ist. „Wenn Ungereimtheiten auftreten, wie Untersuchungsergebnisse mit auffälligen Protein- oder Aminosäurewerten, muss ich das hinterfragen. Es wird aber offensichtlich nicht hinterfragt. Doch in dem Moment, wo wir alles unter den Tisch kehren, kommen wir mit der Agrogentechnik nie zu vernünftigen Lösungen“.

Auch die Volksvertreter nahm der mutige Landwirt in die Pflicht: „Die Politik ist gefragt: Wollen wir den Weg der Agrogentechnik gehen, wollen wir für unser Land das Risiko eingehen?“ Enttäuscht zeigte er sich vor allem über Forschungsministerin Annette Schavan, die seiner Meinung nach die grüne Gentechnik unkritische fördere. Ihm sei es sauer aufgestoßen, als er die von Schavan im Jahr 2009 in Ehingen vor Landwirten gemachte Äußerung zu Ohren bekam: „Wo kommen wir denn hin, wenn wir den Landwirten mehr Glauben schenken sollen als unseren Wissenschaftlern?“

Nach dem einstündigen Vortrag nahm sich Glöckner sehr viel Zeit, die vielen Fragen aus dem interessierten Publikum ausführlich zu beantworten. Mit lang anhaltendem Beifall wurde er verabschiedet. Für die Veranstalter – neben dem Bündnis für eine gentechnikfreie Region (um) Ulm die Arbeitsgemeindschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Bund deutscher Milchviehhalter (BDM) war die Veranstaltung ein weiterer Beleg, dass der Einsatz der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmitteln den falschen Weg darstellt.



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