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Ulm News, 08.04.2016 14:00

8. April 2016 von Thomas Kießling
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"Element of Crime" präsentiert Album „Lieblingsfarben und Tiere“ im Roxy


Nach einer ausverkauften Tournee durch die großen Hallen der großen deutschen, österreichischen und schweizer Städte im vergangenen Jahr haben Element of Crime  beschlossen, 2016 noch einen draufzusatteln. Denn die Nachfrage ist groß, das Repertoire unerschöpflich und die neuen Songs der aktuellen LP „Lieblingsfarben und Tiere“ fordern hufescharred ihr Recht. Am Dienstag, 12. April, ab 20 Uhr sind die Berliner um den Sänger, Trompeter und Erfolgsautor Sven Regener im ROXY-Werkhalle zu erleben. Im Vorprogramm spielt die Band "Von wegen Lisbeth". 

Element of Crime, die seit fast dreißig Jahren und dreizehn Alben eine Band sind, tun, was  sie tun müssen: Häuser aus Stein bauen, im Hier und Jetzt existieren, Songs schreiben  und  Platten aufnehmen. Eine Musik machen, die man voraussetzungslos und ohne Vorwissen  hören und lieben kann.   Begleitet werden Sven Regener (Gesang, Gitarre, Trompete), Jakob Ilja (Gitarre), David  Young (Bass) und Richard Pappik (Schlagzeug) auch 2016 wieder von Rainer Theobald, dem  kongenialen Saxophonisten, an dem man sich bereits auf der 2015er Tournee erfreuen  konnte.
Das karge Brot der Wahrheit wird bei Element of Crime gerne geteilt. Eigentlich ist es  nicht wichtig: wie lange es diese Band schon gibt, was sie schon alles gemacht und welche  Bedeutung sie in der deutschen Musiklandschaft gewonnen hat.  
Nicht, dass es nicht interessant wäre: eine Band, die 1985 beim legendären AtaTak-Label ihr  erstes Album aufnahm und seither dreizehn Studioalben geschaffen hat, hätte viel zu  erzählen: von Düsseldorf und dem Pyrolator, von London und John Cale, von den Anfängen  in den klammen Kellern der Westberliner Postpunk-Szene. Davon wie es ist, wenn man als  deutsche Band englische Texte macht und dann irgendwann in die Muttersprache wechselt.  Und all die Tourgeschichten aus den 80er, 90er und 00er Jahren...   
Man könnte auch darüber reden, mit wem alles diese Band schon verglichen wurde und wie  wahr und wie falsch das alles ist, und wie bei einem selbst sich das Bild dieser Band im Laufe  der Jahre immer wieder verändert hat. Oder ob die Mitglieder Vegetarier sind, Medikamente  einnehmen, bei Kaisers einkaufen und Sport treiben. 
Bei Element of Crime gibt es aber interessanteres zu berichten: Die Band geht mit dem  neuen Album „Lieblingsfarben und Tiere“ nach 2015 erneut auf Tournee!  Mit Titeln wie  „Schade, dass ich das nicht war“, „Rette mich (vor mir selber)“ und „Wenn der Wolf schläft,  müssen alle Schafe ruhen“, die davon handeln, dass man beim Tanken auch das Zahlen  vergessen und Finger auch an der Jacke abwischen kann, wo die Wahrheit den Sinn alte  Socke nennt und Erdbeermarmeladenbrote die Schulbücher versauen und was das mit der  Liebe zu tun hat, wo Schwachstromsignale Übertragungsprobleme haben und Datensätze  dorthin kommen, wo die Sonne niemals scheint – und wer bitte sonst kann so romantisch  über dunkle Wolken, dieselben Sterne und nächtliches Nacktbaden singen? 
Die Lieder tragen die unverwechselbare Handschrift von Element of Crime und das,  obwohl jedes Lied dem, der die Band kennt, zugleich neu wie auch vertraut vorkommt. Live: ein folkiger Wind, der einem die Ohren freibläst, eine herbe Schönheit, die ein bisschen  auf die Frühphase der Band verweist, auf die englischsprachigen 80ger Jahre, als man sie in  aller Hilflosigkeit wahlweise (und wahllos) mit Velvet Underground, Bo Diddley oder Bob  Dylan verglich.  Es gibt da diese Tendenzen zum Lärm und zum Stampfen, zu Hammond-Orgel, Tambourin  und Feedback-Gitarre, und wenn sie von Streichern sprechen, dann reden sie nicht vom  sü ßen Schmelz, sondern eher von der „kratzig Violin“, wie sie 1991 in einem Text auf der  Platte „Damals hinterm Mond“ erwähnt wurde. 
Live kommt da seit 2014 noch ein rauchiges Saxophon dazu und ein Element der Augenblicklichkeit, das einem immer  wieder den Atem verschlägt.  Und die Texte – man traut kaum den eigenen Ohren bei diesem Parforceritt durch eine  seltsame Welt: da werden rechte Arme gegen ein Lächeln verschenkt, Horizonte zu  Beleuchtungszwecken verbogen, Blumen beim Spar gekauft, Handys abgestellt, verbrennt  die Sonne die Gardinen, beleidigen Häuser die Statik, man trifft sich im Baumarkt und in  schwarzen Taxis, reden und rauchen, lachen und zittern –  das ganze Programm. 
 Wie kommt man auf sowas? Und wieso ist das so schön? Wie können so ausgefallene Texte  so musikalisch und wie kann so ??? Musik so bunt sein?  Das sind Fragen, die sich Element of Crime nicht stellen. Sie sagen lieber, dass nichts so kalt sei, wie der heiße Scheiß von  gestern, aber auch, dass Wiederholungen besser sind, als du denkst. 
Im Vorprogramm spielt die Band Von wegen Lisbeth. Auf ihrer Facebook-Seite versuchen sie Grand-Prix-Lena mit angebrochenen Snacks zu  locken: „Komm rüber, wir haben noch eine halbe Tüte Chips!“, zu ihrem erweiterten  Instrumentarium zählt eine elektrische Harfe - und in ihrem VW-Bus klafft ein Loch. Der  Berliner Indiepop-Sensation "Von wegen Lisbeth" ist es eben ernst, wenn sie in einem Stück  verkündet: „Lang lebe die Störung im Betriebsablauf“. 
Los geht die ganze Geschichte in einer längst vergessenen Welt, den mittleren Nuller Jahren.  Statt Smartphones besitzt man Nokia-Handys, statt SSIO hört man Sido und die Jungs von  Von wegen Lisbeth sind noch total klein. Der Sport-Unterricht in ihrer siebten Klasse fällt  aus (Herr Markquart = krank) und so fahren Matze und Jules in den heimischen Keller,  kloppen auf einer Gitarre mit zwei Saiten und einem antiquarischen Drumcomputer herum.  Begeisterungsfähigkeit und die Lust am Ausprobieren machen schon damals die Musik. Aus  diesem privaten Urknall kursieren noch heute Stücke wie „Mein Kieferorthopäde ist ein  Henker“. 
Doch glücklicherweise werden Von Wegen Lisbeth mit diesen Aufnahmen wohl nie  erpresst werden, denn sie finden sich gebannt auf das Medium der damaligen Zeit: Mini- Disc. Kann heute eh keine Sau mehr abspielen. Muss man aber auch nicht, ohnehin klingt die Gegenwart der Band reizvoller als der holprige  Freistunden-Elektropunk zu Beginn. 
Über die Jahre hat sich die Band, die  durch Julian, Doz und Robert mittlerweile aus fünf Mitgliedern besteht, voll  funktionsfähige Instrumente zusammengesammelt, wobei der Spaß am Ungewöhnlichen  immer noch ein Grundbedürfnis der Band darstellt: Ihr Soundhorizont übersteigt bei weitem  das übliche Gitarre-Bass-Schlagzeug-Outfit. So sind Steeldrum wie Elektrische Harfe auch  keine Proberaumstaubfänger sondern finden immer mal wieder pointiert Eingang in die  eigene musikalische Welt. 



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