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Ulm News, 26.12.2013 00:00

26. Dezember 2013 von Ralf Grimminger
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Zwischen Tradition und Moderne: 40 Jahre Unfallchirurgie in Ulm


 „40 Jahre Unfallchirurgie in Ulm – ein Generationengespräch“. Unter diesem Motto stand auf dem Oberen Eselsberg eine denkwürdige Zusammenkunft von aktuell tätigen und ehemaligen Unfallchirurgen und Wissenschaftlern. Allesamt sind sie Könner ihres Fachs, die auf einen schier unerschöpflichen Fundus aus Erfahrungen und Anekdoten zurückgreifen können.

Im gemeinsamen Gespräch entsteht ein faszinierendes Bild Ulmer und damit auch deutscher Medizingeschichte, die – bezogen auf Unfallchirurgie – in ihrer Tradition nur noch von Hannover übertroffen wird. In der niedersächsischen Landeshauptstadt erfolgte die Gründung einer eigenständigen unfallchirurgischen Klinik aber nur wenige Wochen früher.
Noch ist der Fußboden in Operationssaal 12 etwas feucht vom Wischen und glänzt so frisch und klar, dass sich große Monitore mühelos in ihm spiegeln. Der letzte Eingriff wurde erst vor Kurzem beendet, und ein ganz in Grün gekleidetes Team erledigt letzte Desinfektionsarbeiten.
Als Nächstes steht keine Unterarmfraktur oder ein Wirbelbruch auf dem in aller Regel vollen Tagesprogramm, sondern „nur“ ein Gespräch mit Journalisten, das diesmal nicht in einem jederzeit austauschbaren Konferenzraum stattfindet, sondern im wahrsten Sinne des Wortes im Innersten der Ulmer Universitätsmedizin. Schließlich verlangt ein besonderes Jubiläum auch nach einem besonderen Ort. „Saal 12“ ist ein so genannter Hybrid-OP, der in dieser medizintechnischen Konfiguration weltweit einmalig ist und in idealer Weise Bildgebung und chirurgische Eingriffsmöglichkeiten miteinander verbindet. Man kennt sich. Gastgeber Prof. Dr. Florian Gebhard, Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie, hat nicht nur vier Weggefährten eingeladen, mit denen er teilweise noch selbst zusammengearbeitet hat und – wie bei Handchirurg Prof. Dr. Martin Mentzel – immer noch arbeitet, sondern auch Berufskollegen, die sich noch genau an die Anfänge der Ulmer Unfallchirurgie in den siebziger Jahren erinnern können.
Einer von ihnen ist Prof. em. Dr. Lutz Claes, bis 2009 Ärztlicher Direktor des Instituts für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik. Er baute innerhalb der Unfallchirurgie unter Prof. em. Dr. Caius Burri (rund zwei Jahrzehnte Chefarzt der Ulmer Unfallchirurgie) ab 1978 ein Forschungslabor auf, das er dann zum Institut weiterentwickelte. Neben ihm sitzt auf einem kleinen Drehhocker Prof. em. Dr. Lothar Kinzl, von 1990 bis 2007 Ärztlicher Direktor der Unfallchirurgie, die er dann an seinen Nachfolger Professor Gebhard übergeben hat. Komplettiert wird die illustre Runde von Prof. em. Dr. Rainer Neugebauer, ehemaliger Chefarzt des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Regensburg. Er lernte sein Handwerk ebenfalls bei Professor Burri und kann darüber hinaus mit einer Besonderheit in der Familiengeschichte aufwarten, die es in dieser Form in Deutschland noch nicht allzu oft gegeben haben dürfte: seine Tochter machte ihren Facharzt für Unfallchirurgie in derselben Klinik, in der auch er einst seine berufliche Karriere begann. In der Mitte des Saals steht ein OP-Tisch. Leer – natürlich. Quasi als Ersatz klicken Kameras von Fotojournalisten und pendelt ein Mikrofon des SWR-Hörfunks hin und her. Die Notizblöcke der Printjournalistinnen füllen sich langsam.
Streifzug durch 40 Jahre Unfallchirurgie 
Worüber redet man an einem solchen Nachmittag vor Medienvertretern, für die grüne OP-Kleidung mitsamt Kopfhaube sichtlich gewöhnungsbedürftig sind? Über die guten alten Zeiten? Über die Zukunft der Medizin? Über die enormen Fortschritte des Rettungswesens, das in Deutschland mit einem einzigen Hubsc hrauber begann und heute – von Flensburg bis Berchtesgaden – auf 34 dieser Fluggeräte zurückgreifen kann? Vielleicht über die Tatsache, dass Medizin „immer weiblicher“ wird? Oder sollte doch eher thematisiert werden, dass früher „gefälligst kein junger Arzt vor dem Chef in den Feierabend zu gehen hatte“. Überstunden, Urlaub, Familienleben – was ist denn damit wohl gemeint? Am Ende wird es genau das: ein kurzweiliger Streifzug durch 40 Jahre Unfallchirurgie. Professor Kinzl, dem immer ein „goldenes Händchen“ nachgesagt wurde, gesteht gerne ein, dass er sich am Hightecharbeitsplatz seines Nachfolgers Gebhard nicht mehr ohne Weiteres zurechtfinden würde. Ihm, dem Spitzenchirurgen, geht es zumindest an diesem Punkt nicht anders, als dem EDV-Spezialisten, der eine fünfjährige berufliche Auszeit in der Südsee genommen hat und nun den Wiedereinstieg probt.
Niemals den Patienten vergessen
Eines dürfe aber, und da sind sich alle fünf Chirurgen einig, vor diesem Hintergrund nie vergessen werden. Unfallchirurgie ist und bleibt ein hochkomplexes Handwerk, dessen Basis eine möglichst breit angelegte Ausbildung ist. Und die wird auch von Südseeabenteuern niemals gänzlich aufgezehrt. Chirurgische Erfahrung und das damit eng verbundene Können retten Menschenleben und führen heutzutage zu Operationsergebnissen, die, auch nach schwersten Verletzungen, immer häufiger einen beruflichen Wiedereinstieg ermöglichen. Softwaregestützte Hightechmaschinen, die u.a. eine millimetergenaue Orientierung im menschlichen Körper erlauben, sind dabei zwar eine unglaubliche Erleichterung, doch am Ende zählt immer der Chirurg selbst.
Genau das macht für Professor Gebhard auch den Reiz seines Berufs aus: „Ich arbeite mit meinen Händen und sehe sehr zeitnah das Ergebnis. Das ist sehr befriedigend für mich.“ Zufrieden ist er auch, wenn er über die Zukunft der Unfallchirurgie spricht. Er, der entscheidende Treiber für die Entwicklung und Konfiguration von „Saal 12“, sieht die Zukunft in der weiteren Optimierung und Entwicklung von chirurgischen Assistenzsystemen. Dabei dürfe aber niemals der Patient vergessen werden. „Um den geht es, für ihn üben wir diesen wunderbaren Beruf aus“, sagt Professor Gebhard.
Spätestens an dieser Stelle scheint auch ein bisschen das Helfersyndrom durch, von dem Professor Kinzl spricht und ohne das man diesen ohne Zweifel belastenden Beruf nicht ausüben könne.
Anders ist es wohl auch nicht zu erklären, dass der 69-jährige Kinzl heute immer noch in Afrika operiert – unter teilweise schwersten Bedingungen. Überstunden, Urlaub, Familienleben – was ist denn damit wohl gemeint? Professor Neugebauers Tochter könnte diese Frage sicherlich beantworten: sie befindet sich momentan nämlich in Elternzeit.
40 Jahre Unfallchirurgie in Ulm – offensichtlich hat sich tatsächlich sehr viel mehr verändert, als „nur“ die Ausstattung der OP-Säle.



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