Ulm News, 04.04.2018 12:43
Brauereichef Georg L. Bucher: Das Reinheitsgebot ist kein Einheitsgebot
Ist das jetzt 502 Jahre alte Reinheitsgebot noch zeitgemäß? Diese Frage beschäftigt einerseits natürlich die Brauereien, anderseits vor allem aber die Bierfans und Genießer des Gerstensafts. ulm-news sprach mit Georg L. Bucher, Inhaber und Geschäftsführer der Radbrauerei, besser bekannt als Günzburger Weizen, über Bierbrauen und das Reinheitsgebot.
ulm-news: Für die einen ist es das wahrscheinlich älteste Qualitätssigel der Welt, für die anderen ein überholtes Relikt. Welche Bedeutung hat der Erlass von 1516 heute noch?
Georg L. Bucher: Ein in Deutschland gebrautes Bier darf nur die vier Grundstoffe Hopfen, Wasser, Hefe und Malz enthalten. Das klingt zunächst nach einer sehr begrenzten Auswahl.
ulm-news: Aber es gibt doch viele Biersorten?
Georg L. Bucher: Natürlich, denn zahlreiche Hopfen-, und Malzsorten sowie Hefestämme bieten einen enormen Spielraum für individuelle und kreative Biere. Ein Beleg hierfür sind rund 6.000 deutsche Biermarken, die nach dem Reinheitsgebot gebraut werden. Ein gutes Beispiel für den kreativen Umgang mit Zutaten ist unser Günzburger Ur-Weizen. Der Einsatz von verschiedenen Malzsorten verleiht dem Ur-Weizen ein leicht rauchiges und kräftiges Aroma, das sich deutlich von anderen Bieren abhebt.
ulm-news: Werden die deutschen Brauereien durch das Reinheitsgebot gegängelt oder eingeschränkt?
Georg L. Bucher: Ganz im Gegenteil. Das deutsche Reinheitsgebot ist anders als es seine Kritiker unterstellen kein Einheitsgebot. Der Phantasie und dem Ideenreichtum der Brauer sind keine Grenzen gesetzt. Trotzdem sind künstliche Aromen, Farbstoffe, Enzyme, Emulgatoren oder Konservierungsstoffe absolut tabu. Das hat die Brauwirtschaft vor den allgegenwertigen Lebensmittelskandalen verschont. Bier ist und bleibt eines der natürlichsten Lebensmittel, die es in Deutschland gibt.
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