Ulm News, 22.03.2018 15:58
Polizeisprecher Wolfgang Jürgens: Wir haben keinen Grund, falsche Zahlen vorzulegen
Die Ulmer Polizei hat die Jahresbilanz 2017 der Straftaten zwischen Biberach, Ulm und Göppingen veröffentlicht. Demnach ist die Zahl der Straftaten so niedrig wie vor zehn Jahren.. Der Großraum Ulm zählt zu den sichersten Regionen im Land. Doch statt Lob gibt es Kritik in den sozialen Medien. Manche Nutzer glauben der Polizeistatistik nicht. Ralf Grimminger von ulm-news sprach mit Wolfgang Jürgens, Sprecher der Polizeidirektion Ulm, über die aktuelle Straftaten-Bilanz, die Verrohung der Sprache in den sozialen Medien und über Facebook.
ulm-news: Sie haben die Reaktion auf die Straftaten-Bilanz 2017 in den sozialen Medien verfolgt. Was sagen Sie jenen, die ihre Statistiken und Bilanzen anzweifeln oder schlicht nicht glauben?
Wolfgang Jürgens: Es steht jedem frei, der Polizei zu glauben. Wir haben keinen Grund, falsche Zahlen vorzulegen. Überhaupt sind die Zahlen ja für jedermann nachprüfbar.
ulm-news: Was sagen Sie jenen, die behaupten, die Regierung - wer auch immer das dann sein mag - verpflichte die Polizei, geschönte Bilanzen vorzulegen und Straftaten, vor allem wenn es um Flüchtlinge geht, unter den Tisch fallen zu lassen bzw. nicht zu verfolgen?
Wolfgang Jürgens: Wer weiß, wie die Zahlen zustande kommen, der weiß, dass das nicht stimmt. Die Zahlen werden weitgehend automatisch generiert. Außerdem stehen die Zahlen auch sofort für Dritte zur Verfügung, etwa den Statistikämtern. Die geben unabhängig von der Polizei Zahlen in die Öffentlichkeit. So lassen sich die Zahlen der Polizei leicht überprüfen, sofern man dazu Bedarf verspürt.
ulm-news: In Kommentaren in regionalen Facebook-Gruppen wie "Du weißt, dass du aus Ulm/neu-Ulm bist, wenn . . . " oder ulm-news" behaupten immer wieder Nutzer, dass die Polizei eine angezeigte Straftat nicht verfolgt habe oder von solch einem Fall von einem Bekannten gehört hätten.
Wolfgang Jürgens: Die Polizei ist gesetzlich verpflichtet, Straftaten zu verfolgen. Sollte jemand etwas anderes erleben, kann er die Anzeige auch bei einer anderen Polizeidienststelle oder bei der Staatsanwaltschaft erstatten. Wir hören solche Vorwürfe oft. Fragt man jedoch im Detail nach, verliert sich schnell die Spur . . .
ulm-news: Solche Behauptungen - absichtlich oder unabsichtlich in Umlauf gebracht - werden oft auch unter richtigem Namen gepostet. Prüft die Polizei dann solche Behauptungen, mit denen die Glaubwürdigkeit und Arbeit der Polizei öffentlich untergraben wird, beim Urheber nach?
Wolfgang Jürgens: Wie gesagt, wir sind dazu verpflichtet, Straftaten zu verfolgen, wenn sie uns bekannt werden. Auch solche, die im Internet begangen werden. Andererseits ist für uns die freie Meinungsäußerung ein hohes Gut. Wer, ohne eine Straftat zu begehen, die Arbeit der Polizei kritisiert, darf das gerne tun. Wir nehmen Kritik an, wenn sie berechtigt ist. Wir würden uns freuen, wenn die Kritik direkt bei uns landet.
ulm-news: Kürzlich hatte eine Meldung, von einem onanierenden Mann an der Donau oder von einem dunkelhäutiger Mann, der ein junges Mädchen sexuell belästigt habe, innerhalb kurzer Zeit über mehrere hundert Facebook-Kommentare, in denen von Schlägen, Gefängnis über Ausweisung bis hin zur Kastration - auch wieder vielfach unter Klarnamen - fast alles angedroht wurde. Wie sehen Sie diese verbale Empörung und Gewalt?
Wolfgang Jürgens: Wir beobachten, dass in Diskussionsforen im Internet manchmal die Sprache zu verrohen droht. Da werden viele Dinge geäußert, die im direkten Gespräch wohl nicht fallen würden. Durch die scheinbare Anonymität lässt sich manche(r) dazu verleiten. Das ist schade. Viel wichtiger wäre eine sachliche, von Argumenten getragene Diskussion. Ohne verbale Gewalt. Aber die Community ist meist ein gutes Regulativ. Es gibt in den Foren auch Menschen, sogar überwiegend, die tatsächlich einen kommunikativen Diskurs suchen und bevorzugen. Dafür sind wir dankbar.
ulm-news: In solchen Fällen geht es oft schon in Richtung Selbstjustiz. Glauben diese Leute nicht mehr an Recht, Polizei und Gerichte?
Wolfgang Jürgens: Die Menschen glauben schon an Recht und Gesetz, sie stellen nur die falschen Erwartungen an Polizei und Justiz. Wir sind an Recht und Gesetz gebunden. Recht und Gesetz werden, wie in einem demokratischen Rechtsstaat üblich, von Mehrheiten gemacht. Die wiederum sind an das Grundgesetz gebunden. Was fehlt, ist oftmals die Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Auch gegenüber der Meinung der Mehrheit. Dabei lebt Demokratie vom Kompromiss.
ulm-news: Abschließend: Hat Facebook auch die Arbeit der Polizei verändert?
Wolfgang Jürgens: Die sozialen Netzwerke haben unsere Arbeit erweitert. Sowohl die Ermittlungsarbeit als auch die Kommunikation. So wie einst die Erfindung des Telefons, des Telefaxes und der E-Mail.
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