Ulm News, 19.12.2017 15:49
Jahrbuch "Geschichte im Landkreis Neu-Ulm, Band 2017" vorgestellt
Napoleon schrieb mit seinen Siegen in Elchingen und Ulm Weltgeschichte. Doch für Glanz und Gloria des französischen Kaisers mussten tausende Soldaten und Einheimische bluten. Peter Wischenbarth beschreibt im neuesten Jahrbuch „Geschichte im Landkreis Neu-Ulm“ die Kriegslasten von 1797
bis 1815 am Beispiel der Gemeinde Obenhausen. Sein Aufsatz ist ein Beitrag unter insgesamt neun Beiträgen in den heimatgeschichtlichen Annalen des Jahres 2017, welche nun im Landratsamt vorgestellt worden sind.
Bei der Präsentation bezeichnete stellvertretender Landrat Roland Bürzle das Jahrbuch, das der Landkreis Neu-Ulm seit 1995 alljährlich mit einem neuen Band herausgibt, als „historiographische Navigationshilfe für das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein des Landkreises“.
Woher kommen wir? Wer sind wir? Was ist unsere kollektive Identität? Kreisarchivar Peter Wischenbarth hat aus dem Bucher Gemeindearchiv eine aufschlussreiche historische Quelle zu Tage gefördert. Die Aufzeichnungen des damaligen Bürgermeisters von Obenhausen berichten von den gewaltigen
Lasten, die Napoleon den Dorfbewohner aufbürdete.
Einquartierungen, Vorspanndienste, Abtretungen von Lebensmitteln, Schanzleistungen, Beschlagnahmungen, Ausplünderungen: Das kleine Dorf Obenhausen steht stellvertretend für viele Ortschaften im Landkreis Neu-Ulm,
denen es so erging.
Ein anderer Feind setzte den Tiefenbachern zu. In deren
katholischer Pfarrkirche machte sich der sogenannte Echte
Hausschwamm zerstörerisch breit. Es handelt sich dabei um
ein „äußerst aggressives Lebewesen“, wie Horst Reul
erläuterte, der als Sachverständiger die Bekämpfungsaktion
leitete. Er beschreibt in seinem Jahrbuchaufsatz das „Drama
unterm Kirchenboden“. Nur mit großem Aufwand gelang es,
den Schädling, der sich sogar durch Mauerwerk frisst,
auszumerzen. Ursache für den Befall war, dass fünf Jahre
zuvor bei der Innensanierung der Kirche kontaminiertes
Bauholz in den Schacht der nicht mehr benötigten Heizung
geworfen worden war. Zu allem Übel hatte man dann den
Heizungsschacht auch noch mit Betonplatten verschlossen,
wodurch sich Kondenswasser bildete. Alles in allem entstanden
so perfekte Lebensbedingungen für den Echten
Hausschwamm.
Erfolgreich gegen die Zerstörung von Kirchengut wandten sich
auch die „Freunde des Klostermuseums Elchingen“. Sie
initiierten die Restaurierung des 2,70 mal 2,36 Meter großen
Thesen- und Konventbildes des einstigen Elchinger Klosters.
1778 von Rokokomaler Joseph Wannenmacher geschaffen,
hatte an ihm der Zahn der Zeit arg genagt. Anton Aubele und
die Restauratorin des Gemäldes, Christine Götz aus
Blaubeuren, beschreiben im Jahrbuch die Bedeutung des
Bildes als historisches Dokument und zeichnen seine
Restaurierung nach.
Noch weiter zurück in die Geschichte blickt Kreisarchäologe Richard Ambs in seiner 30-seitigen Abhandlung über den romanischen Vorgängerbau der Kirche St. Peter und Paul in Holzheim. Sein Artikel fußt auf dem Nachlass des 2016 gestorbenen Dr. Rudolf Poppa, der 1980 im Zuge der Erweiterung der katholischen Pfarrkirche in Holzheim archäologisch tätig gewesen war.
Um Archäologie geht es auch in zwei weiteren Aufsätzen: Richard Ambs dokumentiert einen seltenen Fund auf Hegelhofer Flur: eine bislang in ihrer Form unbekannte urgeschichtliche Bronzenadel. Stefan Reuter beschäftigt sich
mit einem geflickten römischen Zügelführungsring aus Bellenberg. Beide Objekte barg das Bellenberger Ehepaar Bozena und Raimund Erhard bei Feldbegehungen mit einer Metallsonde.
Auch Thomas Pfundner durchstreift detektivisch Wald und
Flur. Über seine Funde publizierte er in den vergangenen
Jahren bereits mehrmals im Jahrbuch „Geschichte im Landkreis
Neu-Ulm“. Diesmal charakterisiert der evangelische Pfarrer drei
Steinkreuze, die er in Pfuhl, Illerberg und Holschwang entdeckt
und freigelegt hat.
Spürsinn legten auch Klara Aubele und Klaus Pfeiffer an den
Tag. Sie entschlüsseln und erläutern die Chronogramme aus
dem Tagebuch des letzten Elchinger Klosterchronisten
Benedikt Baader. Chronogramme sind – so der Fremdwörter-
Duden – „Sätze in lateinischer Sprache, in denen
hervorgehobene Großbuchstaben als Zahlzeichen die
Jahreszahl eines geschichtlichen Ereignisses ergeben, auf das
sich der Satz bezieht“.
Schon eine bloße Jahreszahl – nämlich 1718 – gibt eine Ahnung von der historischen Bedeutsamkeit des ehemaligen Hauses Nr. 23 in Meßhofen. 2018 werden es genau 300 Jahre, dass das Fachwerkgebäude besteht. In den 1990er-Jahren wurde es ins Schwäbische Bauernhofmuseum in Illerbeuren
überführt, wo man es wieder aufbaute und restaurierte.
Museumsleiter Wolfgang Ott würdigt das im Jahr 2000 eingeweihte Ausstellungsobjekt, das bis vor 25 Jahren noch dem Verfall preisgegeben war: „Mit seiner Umsetzung wurde es vor dem Totalverlust gerettet und ihm sozusagen ein zweites Leben gegeben.“
Der Vergangenheit Leben einhauchen – das ist das Beste, was
Geschichtsschreibung vermag. Dem Jahrbuch-Team um
Schriftleiter Richard Ambs ist das einmal mehr gelungen.
Band 23 des Jahrbuchs „Geschichte im Landkreis Neu-Ulm“ hat
120 Seiten und kostet – seit Jahren unverändert – 10 Euro. Die
Publikation ist an der Kasse im Landratsamt Neu-Ulm, in den
Kreismuseen und im Buchhandel erhältlich. Die Auflage liegt
bei 1200 Exemplaren.
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