Ulm News, 01.07.2017 22:01
Ausstellung eröffnet: Minutenlanger Beifall für Fotografin Herlinde Koelbl im voll besetzten Stadthaus
Mit einem gleichermaßen kurzweiligen und interessanten Südwest Presse-Forum mit der Fotografin Herlinde Koelbl im voll besetzten Stadthaus wurde am Freitagabend die eindrucksvolle Ausstelllung der 77-jährigen Fotokünstlerin aus München eröffnet. Mindestens so beeindruckend wie ihre Fotografien präsentierte sich die agile Künstlerin den Zuhörern - hellwach, mit klaren, schlüssigen und pointierten Auissagen zu ihren Projekten und den prominenten Personen, die sie in den vergangenen Jahrzehnten weltweit fotografiert hat. Ein Highlight!
Herlinde Koelbl genoss ihren Aufenthalt in Ulm. Sie freute sich, Journalisten ihre Intentionen und ihre Aufnahmen im Rahmen der Ausstellung „Herlinde Koelb – Mein Blick, Werle 1980 – 2016“ zu erklären, sie genoss die gute Unterbringungen im Hotel Maritim und die Maultaschen im Ulmer Traditionsrestaurant „Krone“ und sie genoss den minutenlangen Applaus der Zuhörer im mehr als vollbesetzten Stadthaus beim Südwest Presse-Forum. Die Besucher bedankten sich mit dem warmen Beifall bei dieser eindrucksvollen, 77 Jahre alten Frau, Künstlerin, Fotografin und Weltbürgerin. Wohl aber vor allem für die offenen, klaren Erläuterungen zu ihrem Wirken.
In diesem Forum, das aufgrund der klugen Fragen der Redakteure Magdi Aboul Kheir und SWP-Kulturchef Jürgen Kanold, aber auch der interessierten Fragen der Zuhörer fraglos eines der Highlights dieser Gesprächsreihe war, wurde schnell deutlich, warum Herlinde Koelbl weltweit hohes Ansehen genießt. Sie ist eine Humanistin, eine Frau, die Mitmenschen mit großem Respekt begegnet und so auch arbeitet.
Im Gespräch sagte sie, dass sie nie ein Vorbild gehabt habe, „da ich Autodidaktin war“. Außerdem habe es damals „nur Männer in diesem Business gegeben“. Ausführlich berichtete sie über das Entstehen und die Schwierigkeiten der Langzeitbetrachtungen der Politiker Gerhard Schröder und Joschka Fischer, die sie acht Jahre lang einmal pro Jahr fotografierte und von Angela Merkel, die sie immer noch einmal jährlich ablichtet. Die Porträts wurden alle vor einer weißen Wand gefertigt, weswegen ein Zuhörer auch fragte, was nun das Besondere daran sei und was der Unterschied zu einem Passbildautomaten sei.
Den erklärte Herlinde Koelbl freundlich und ruhig: „Schauen Sie sich nur die Augen von Joschka Fischer im Laufe dieser Jahre an, dann sehen Sie den Unterschied zum Passbildautomaten .“ Die Politiker hätten, eine weitere Frage, alle sofort eingewilligt, sich jährlich fotografieren zu lassen, obwohl sich ein Politiker sicherlich frage, was es ihm bringe, wenn die Fotios erst nach acht Jahren veröffentlich werden. Denn auf diese lange Zeit war das Fotoprojekt angelegt. Und diese Fotos, die „Spuren der Macht“, mit den Veränderungen der Spitzenpolitiker, „ein unglaublicher Knochenjob“, sind sehr aussagekräftige und wichtige Zeitdokumente. Ebenso wie auch die Einblicke in "Das deitsche Wohnzimmer", in Schlafzimmer, die Porträts von Kindern und die Bilder aus der Reihe "Kleider machen Leute", bei der sie Fotografien von Menschen in Berufs- und Privatkleidung gegenüberstellt. Hier ist beispielsweise auch Gerhard Ludwig Müller zu sehen. Als er och Bischof von Regensburg war, ließ sich Kardinal Müller von Herlinde Koelbl portraitieren. Ein äußerst seltenes Bild davon, wie unscheinbar, locker und harmlos der kirchliche Hardliner in legerer Privatkleidung wirkt, ist in Ausstellung eindrucksvoll dokumentiert.
Ob sie nie versucht gewesen sei, den einen oder anderen Politiker schlechter oder besser aussehen zu lassen? fragte Jürgen Kanold. Nein, sagte sie, niemals. Die Politiker hätten ihr vertraut und dieses Vertrauen habe sie zurückgegeben. Die Politiker sahen die Fotos erstmals erst nach der Veröffentlichung, Angela Merkel kam zur Vernissage.
Ihr aktuellstes Projekt schloss sie erst kürzlich und deutlich schneller ab. Für die UN konzipierte, organisierte, fotografierte und filmte sie ei
ne Ausstellung über Flüchtlinge, die jüngst in Genf eröffnet wurde. Hierzu war die heute 77-jährige agile Fotografin im vergangenen Jahr über drei Monate lang in Flüchtling Camps und an den Küsten in Griechenland, auf Sizilien und auch in deutschen Unterkünften unterwegs. Auch für diese Ausstellung gelangen ih r eindrucksvolle Fotos, die ihr ganz offensichtlich auch sehr am Herzen liegen.
Interessant auch ihre Arbeitsweise. Sie benutze normalerweise nie ein Teleobjektiv. „Ich nähere mich der Person mit Respekt, wie ein Dompteur einem Raubtier, nie zu nahe und lote mit der Zeit aus, wo die Grenze ist“. Sie v erstecke sich aber niemals hinter der Kamera oder einem Teleobjektiv.
Auch die Technik ist ihr nicht so wichtig. Sie fotografiert analog, neuerdings gelegentlich auch digital. „Ich sage aber allen: Der Fotograf macht das gute Bild, nicht die Kamera“. Wichtig sei das Gespür für Menschen, Respekt, Leidenschaft und „die Ruhe und Gelassenheit, unter Umständen lange auf das richtige Bild oder Motiv zu warten“.
Herlinde Koelbl hat sich auch nie abgesichert. Sie begann ihre Projekte, bei denen nie klar war, ob, wann und wie erfolgreich in einigen Jahren abgeschlossen werden können, ohne doppelten Boden. Sie suchte sich stets erst, zum Ende des Projekts einen Verlag für die Veröffentlichung ihrer Bücher und Fotografien. Die Qualität der Projekte und Fotografien überzeugten stets, daher wurden und werden die Fotografien der gebürtigen Lindauerin weitweit und in den bedeutendsten Zeitungen und Magazinen veröffentlicht, in Deutschland griffen und greifen der Spiegel, der Stern und auch die Zeit gerne auf Bilder von Herlinde Koelbl zurück.
Eine Werkschau von Herlinde Koelb und Teile dieser eindrucksvollen Reihen sind nun bis 17. September im Stadthaus zu sehen, das sich nach Ansicht von Stadthaus-Leiterin Karla Nieraad hervorragend für die Koelbl-Fotografien eignet. Das sieht Herlinde Koelbl auch so. Nachdem der minutenlange, warme Applaus zum Ende der Gesprächsrunde am Freitagabend abgeebbt war, bedankte sie sich beim gesamten StadthausTeam und der großen Leidenschaft, mit der im Stadthaus „für diese schöne Ausstellung“ gearbeitet werde.
Nach der Gesprächsrunde stand die Künstlerin bei einem Glas Wein den Zuhörern im Foyer lange Rede und Antwort und begegnete allen, die mir ihr sprachen, mit viel Respekt, Interesse, Ausdauer und Warmherzigkeit. Zur Nachbesprechung wechselte die 77-Jährige mit dem Stadthausteam ins Cafe Beckers. Auch dort war sie – wie schon den gesamten langen Tag – noch nach Mitternacht hellwach und interessiert im Gespräch. Wacher und voller freundllicher Energie als manch anderer Gast am Tisch . . .
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