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Ulm News, 08.12.2010 15:13

8. Dezember 2010 von Ralf Grimminger
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Der Schlichterspruch zu „Stuttgart 21“ – mehr als ein schlichter Spruch!


Die Schlichtung zum Milliardenprojekt „Stuttgart 21“ hat aus Sicht des Aktionsbündnisses „K 21 – gut für Ulm“ einen denkwürdigen Ausgang genommen. Bündnis-Sprecher Werner Korn „Heiner Geißler hat seinen Ruf als alter Fuchs bestätigt: Er hat nicht nur mehr getan, als allgemein erwartet worden war – er hat wirklich verhandelt. Er hat aber vor allem ein sehr viel detaillierteres Ergebnis präsentiert, als von den meisten gedacht.“

Werner Korn, der in seiner Funktion als Landesgeschäftsführer des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) eng in die Faktenschlichtung eingebunden war, weist darauf hin, dass Geißler die Fortführung von „Stuttgart 21“ lediglich empfohlen habe, weil das Projekt einen Planungsvorsprung hat. Korn: „Dieser hat seinen Ursprung darin, dass man Alternativen nie ernsthaft geprüft hat!“ Gleichwohl habe er den S-21-Planungen schwerwiegende Mängel bescheinigt. Auch sei der Mythos vom „nicht planfeststellbaren Alternativkonzept K 21“ seit der Schlichtung vom Tisch. Vielmehr sei bei den Schlichtungsgesprächen deutlich geworden, dass K 21 fachlich machbar und leistungsfähiger als „Stuttgart 21“ sei.

„Stuttgart 21 ist noch lange nicht durch!“ betont Korn. Insofern sei er mit dem Ausgang der Schlichtungsgespräche zufrieden. Der Schlichterspruch bedeute jedoch mitnichten ein Ende des Diskussionsprozesses. Wichtig ist ihm auch der Hinweis, dass die S-21-Gegner am Stuttgarter Schlichtungstisch den Schlichterspruch keinesfalls formal angenommen hätten. Sie hätten lediglich deutlich gemacht, welche Maßnahmen zwingend notwendig sind, sofern an dem Projekt festgehalten wird.

„Schallende Ohrfeige für die Planer“

Geißler hat bekanntermaßen eine ganze Reihe von ergänzenden Baumaßnahmen vorgeschlagen und der Bahn einen so genannten Stresstest auferlegt. Dieser solle nachweisen, ob mit der bisherigen Planung von „Stuttgart 21“ ein Fahrplan vorgelegt werden kann, der einen Leistungszuwachs von 30 % in der Spitzenstunde bei guter Betriebsqualität ermöglicht. Diese Auflagen sind nach Ansicht des Ulmer Grünen-Vorsitzenden Jürgen Filius eine schallende Ohrfeige für die Projektbefürworter und die seit 15 Jahren tätigen Planer. Sie seien nicht weniger als ein Eingeständnis, dass „Stuttgart 21“ so, wie bisher geplant, nicht funktioniere.

Tanja Eble, Vertreterin der Ulmer Linken im Aktionsbündnis „K 21 – gut für Ulm“ vertritt, fordert von der Bahn, dass die Fachleute auf Seiten der Gegner von „Stuttgart 21“ von Beginn an in den Stresstest einbezogen werden. „Der Test muss transparent und nachvollziehbar durchgeführt werden!“ Ein Stresstest-Ergebnis „aus den Geheimkammern der DB“ wäre für die Projektgegner inakzeptabel. Sonst sei zu befürchten, dass es bei Vorlage des Ergebnisses nur neuen Streit gebe, etwa über die Korrektheit der Durchführung oder die Frage, was unter einer „guten Betriebsqualität“ zu verstehen sei.

Unverständlich ist für die S-21-Gegner, warum es so lange dauern soll, bis das Ergebnis vorliegt. Eble: „Die Landtagswahl wird ja nun ganz offenbar zu einer Volksabstimmung über Stuttgart 21. Daher wäre es wünschenswert, wenn vorher klar ist, wo die Kapazitätsgrenzen des Durchgangsbahnhofes liegen und mit welchen Kosten nun wirklich zu rechnen ist!“

Jochen Schmidberger von den Ulmer Piraten geht wie viele Verkehrsfachleute davon aus, dass eine ganze Reihe, „wenn nicht sogar alle“ der im Schlichterspruch aufgelisteten Baumaßnahmen erforderlich sein werden, um das geforderte Ziel zu erreichen. Er sei daher verwundert über die kürzlich gegenüber den Medien verbreitete Zuversicht der Gemeinderatsfraktionen von CDU, FDP, FWG und SPD. Im Moment sei, was die Umsetzung des Milliardenprojektes betrifft, noch mehr unklar als vor der Schlichtung. Lediglich die Art der Auseinandersetzung sei erfreulich sachlich geworden. Er hoffe, dass dies nun auch so bleibe.

Jahrelange Verzögerungen durch Schlichterspruch

BUND-Geschäftsführer Ralf Stolz geht davon aus, dass der Schlichtersprüch jahrelange Verzögerungen des Prestigeprojektes mit sich bringen wird: „Sollte der Stresstest tatsächlich so negativ ausfallen, wie es viele Verkehrsfachleute prognostizieren, müssen die notwendigen Änderungen geplant und kalkuliert werden!“ Dies habe umfangreiche Planänderungs- und neue Planfeststellungsverfahren zur Folge. Sollten gar alle oder die meisten der im Schlichterspruch enthaltenen Maßnahmen notwendig werden, seien Zusatzkosten in Höhe von 500 Millionen Euro absolut realistisch, entsprechende Kostenabschätzungen von Fachleuten lägen bereits vor.

Damit jedoch wäre die von den Projektträgern selbst gesetzte Grenze von 4,5 Milliarden Euro überschritten und jeglicher Sicherheitspuffer aufgebraucht, noch bevor mit dem Bau begonnen wird. Stolz: „Eine Wirtschaftlichkeit von Stutttgart 21 wäre dann nicht mehr darstellbar.“

Fortsetzung der Bauunterbrechung „logisch“

„Der Stresstest und die Zusage der Bahn, bauliche Ergänzungen vor Inbetriebnahme von „Stuttgart 21“ zu realisieren, haben eigentlich zwangsläufig zur Folge, dass die über den Schlichtungsprozess vereinbarte Bauunterbrechung anhält,“ betont Ulms GRÜNEN-Chef Jürgen Filius. „Die Forderung nach einem Baustopp ist an sich gar nicht erforderlich. Denn: Wer beginnt schon mit dem Bau seines Hauses, wenn er beim Ausheben der Baugrube noch nicht weiß, ob die Bodenplatte 150 oder 200 Quadratmeter groß sein wird oder von welcher Seite aus sein Grundstück erschlossen wird?“

Mit im Moment offenen Fragen wie der nach der Zahl der Bahnsteiggleise, der Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke oder mit der Auflage, barrierefreie Fluchtwege über mehrere Stockwerke zu realisieren, stünden elementare Bestandteile von „Stuttgart 21“ vor einer möglichen Umplanung, gibt Filius zu bedenken. In dieser Situation sei es eigentlich undenkbar, einfach weiterzubauen.

Jochen Schmidberger vom Ulmer Stammtisch der „Piraten“: „Spätestens dann, wenn die Kosten die 4,5 Milliarden-Grenze überschreiten, stellt sich die Sinnfrage erneut - oder es muss geklärt werden, wer die Mehrkosten trägt. Und spätestens dann muss die Bevölkerung in die Entscheidung einbezogen werden, ist im Land eine Volksbefragung oder ein Volksentscheid und in Stuttgart ein Bürgerentscheid unumgänglich. Ansonsten macht das Schlichtungsverfahren mit den vielen auf den Tisch gekommenen Informationen keinen Sinn!“

K21 bleibt realistische Alternative

Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist „Stuttgart 21“ daher auch nach der Schlichtung noch lange nicht über den Berg. Da dies den Verantwortlichen durchaus klar sei, befürchtet Bündnis-Sprecher Korn, dass die Bahn Fakten schaffen und eben doch weiter bauen wolle. Dies wiederum würde die Kosten für einen möglichen Ausstieg weiter ansteigen lassen – und „mit Sicherheit einen Proteststurm auslösen“.

In den Jahren des Wartens könnte seiner Ansicht nach die Alternativplanung K21 voran getrieben und schon bald mit der dringend notwendigen Modernisierung des Kopfbahnhofes begonnen werden. „Ulm und sein Umland können weder ein Interesse an einem Nadelöhr in Stuttgart haben noch daran, dass sich der Bau der Neubaustrecke aus Geldmangel über Jahrzehnte hinzieht!“

Genau aus diesem Grund ist für das Aktionsbündnis klar, weiter für K21 einzutreten. Schmidberger: „K21 ist und bleibt die leistungsfähige, ökologische und kostengünstige Alternative zu „Stuttgart 21“. K21 lässt sich abschnittsweise realisieren und bringt Fahrgästen und Bewohnern in Stuttgart deutlich früher Vorteile. K21 hat weniger Risiken hinsichtlich Kosten, Sicherheit, Schutz des Mineralwassers, Denkmal- und Artenschutz.“

BUND-Geschäftsführer Stolz betont, für Bevölkerung und Wirtschaft in der Region Ulm sei die Botschaft wichtig, dass K21 überhaupt keine Festlegung hinsichtlich der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm treffe. Diese könne, sofern die Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen und die Finanzierung stehe, gebaut werden. Sie könnte vorübergehend über die ohnehin geplante „Wendlinger Güterzugkurve“ mit dem bestehenden Bahnnetz verknüft werden, langfristig freilich über einen neuen Tunnel zwischen Mettingen und Denkendorf.

Um die Forderung, K21 umzusetzen, zu untermauern, ruft das Ulmer Aktionsbündnis zur Teilnahme an der Großkundgebung „Stuttgart ist überall – Nein zu „Stuttgart 21““ am kommenden Samstag um 14 Uhr in Stuttgart auf. Demonstrantsteilnehmer aus der Region treffen sich zur gemeinsamen Abfahrt vor dem Ulmer Hauptbahnhof um 12.00 Uhr sowie 12.45 Uhr.

Mit einem weiteren Schwabenstreich am kommenden Montag, den 13. Dezember von 18.45 bis 19 Uhr werden auch die hiesigen Gegner des heiß umstrittenen Projektes den Weihnachtsfrieden einkehren lassen, im Gegensatz zu den Befürwortern aber nicht die Hände in den Schoß legen. Eble: „Das bedeutet keineswegs ein Ende unseres Engagements! Im neuen Jahr wird es weiter gehen!“



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