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Ulm News, 05.10.2025 17:00

5. October 2025 von Thomas Kießling
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Prozess: Handtaschenräuber bei Seniorinnen - die Plädoyers könnten kaum gegensätzlicher sein


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Fotograf: Thomas Heckmann

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Vor dem Ulmer Landgericht hätten die vorgeschlagenen Strafmaße in den Plädoyers kaum unterschiedlicher sein können. Vater und Sohn Handtaschenräuber sollen nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für jeweils acht Jahre in Haft, die Verteidigung der beiden Männer hält dagegen Bewährungsstrafen für angemessen. 
 
Am kommenden Montag, 6. Okt 2025 wird das Urteil erwartet. 

Die beiden zumindest teilweise geständigen Männer im Alter von 63 und 26 Jahre hatten im Februar diesen Jahres binnen neun Tagen für ältere Frauen überfallen, um an ihre Handtaschen und damit an ihr Geld zu kommen. Ein Versuch scheiterte, weil das Opfer dem Räuber in die Hand gebissen hatte, in einem anderen Fall wurden lediglich zwölf Euro erbeutet. 

In den bisher fünf Verhandlungstagen kamen nicht nur die Opfer zu Wort, auch Ermittler und zwei Sachverständige. Der psychiatrische Sachverständige bescheinigte dem Sohn eine deutliche Intelligenzminderung und ein Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Vater. Professor Sebastian Kunz erklärte dem Gericht die Schwere der Verletzungen, die die Überfallopfer erlitten hatten, in einem Fall konnte er eine drohende Lebensgefahr als Sturzfolge nicht ausschließen. 
 
Vorgegangen waren die Täter dabei fast immer nach dem gleichen Muster. Es wurden ältere Frauen ausgekundschaftet, die am Rollator unterwegs waren und beispielsweise aus der Sparkasse kamen. Der Vater fuhr den Sohn zum Tatort, der Sohn schubste die Frauen vom Rollator weg, die dabei stürzten. Mit der Handtasche flüchtete der Sohn und lies sich von seinem Vater wieder abholen. 
 
Die Folgen für die Opfer waren heftig. Eine 92-jährige Frau erlitt eine mehrfache Beckenringfraktur, unter deren Folgen sie noch immer leidet. Andere Frauen haben bis heute Angstzustände und Schlafstörungen. Eine andere Frau hatte bis zu dem Überfall ihren Mann zuhause gepflegt, als Folge ihres Sturzes beim Überfall konnte sie das nicht mehr leisten, ihr Mann musste in ein Pflegeheim und sie selbst braucht Unterstützung, um weiterhin zuhause wohnen zu können. 
 
Diese heftigen Folgen für die Opfer brachten den Staatsanwalt Maximilian Dettmer in seinem fast halbstündigen Plädoyer in eine deutliche emotionale Erregung über diese „sinnlosen und in keiner Weise zu rechtfertigenden Taten“ und ordnete sie ein mit „hier wurden die Schwächsten attackiert“, die Folgen seien „absolut lebensverändernd, möglicherweise lebensverkürzend“.  
 
Da es sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft bei den Taten Raub, teilweise auch um schweren Raub, meist in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, handelt, fordert sie für jeden der beiden Täter acht Jahre Haft und regte für den Sohn, dem der psychatrische Sachverständige konstatierte „lässt sich nicht therapieren“, an, eine anschließende Unterbringung in einer psychatrischen Einrichtung zu prüfen. 
 
Weder Vater noch Sohn lassen sich bei der Foerdeung nach diesem Strafmaß irgendeine Regung anmerken. 
 
Der Verteidiger des Vaters bezeichnete dem Sachverhalt als „von der Staatsanwaltschaft sehr zutreffend geschildert“, doch in der Bewertung kam er zu einem gänzlich anderem Ergebnis. Der Vater hat lediglich eingeräumt, dass er als Fahrer für die Raubzüge tätig war, bei der Tatausführung hatte der Sohn „freie Hand“. Der Vater ging von Diebstahl aus, der Sohn hätte „eigenständig und eigenverantwortlich gehandelt“. Daher sei für den nicht vorbestraften Vater eine Bewährungsstrafe angemessen. 
 
Beim Sohn hob die Verteidigerin einführend hervor, dass das deutsche Strafrecht ein Schuldstrafrecht ist und sich eben nicht an den Folgen für die Opfer bemisst. Wobei sie auch nicht die schwerwiegenden Folgen für die Opfer kleinredete, doch sie waren so nicht beabsichtigt. Die Intelligenzminderung des Sohnes lasse keinen Zweifel daran, dass der Vater die Taten geplant hat. „Die absolute Kontrolle lag beim Vater“ sagte sie über das bisherige Leben des Sohnes, der kein eigenes Bankkonto hat und dessen Sozialleistungen auf dem Bankkonto des Vaters eingingen. Als der Vater einen Tankbetrug begangen hatte, beschuldigte er seinen Sohn und der Sohn saß dann auch die Ersatzfreiheitsstrafe für die nicht bezahlte Geldbuße ab. In der Gesamtbetrachtung forderte sie daher eine Freiheitsstrafe zwischen zweieinhalb und drei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden soll. 
 
Als der Vater die Gelegenheit zu seinen Schlussworten hatte, verwies er lediglich auf die Ausführungen seines Verteidigers, der Sohn sagte dagegen, dass ihm „alles leid tut, von ganzem Herzen“. Schließlich noch „Ich danke dem Staatsanwalt, dass er mich von meinem Vater befreit hat und mich verhaftet hat. Ich hoffe auf eine Bewährungsstrafe. dass ich wieder neu starten kann.“
 
Das Urteil soll am kommenden Montag um elf Uhr verkündet werden. 
 
Text und Fotos (Archiv): Thomas Heckmann 


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