Peter Zwey: Lyrik top aktuell

 Selbst die Wissenschaft  steht vor einem Rätsel. Enzensberger,  ein prominenter Lyriker und Gegenwartskritiker, unkte einmal,es gebe mehr, 10 mal mehr Lyriker als Lyrikleser heutzutage. Und durch die Bloggerlyrik verschärfe sich das Problem  rein quantitativ ins Unermessliche.
Früher, vor Hunderten von Jahren,  gab es Hochzeiten der Lyrik.
Petrarca, Goethe, Gongora, Shakespeare, alles große Lyriker. Und heute?
Schwierig schwierig, niemand weiß mehr so recht. Die meisten drücken sich und schwänzen die Schule.  
Kurz: Mman kann dazu nur in Beispielen reden. Hier eines aus der topaktuellen Lyrik-Markt-Off-Szene. Die Literatur-Charts-Gedichte des Michael Lentz. 
Um es gleich zu sagen: Ich bin mir sicher-im Gegensatz zu Frau von Lovenberg von der FAZ,- dass es sich bei der Liebeslyrik des Michael Lentz um nichts Außergewöhnliches handelt.
Er sagt stets selbst,was er meint, er redet viel zuviel in seinen Versen, als ob er, bevor er das Gedicht verfasste, noch bei einer Talkmasterin war, die ihm ihre Stichworte lieh.
„Jetzt wird unser Leben schön,  wir werden nicht mehr traurig sein.“ Vicky Leandros, stell ich mir vor, machte daraus einen Wahnsinns-Welthit, der sofort in 8 Sprachen übersetzt werden müsste. Ob Lentz das ohne Musike schafft? Ich zweifle.
Noch weniger als seine trivialen Verse schätze ich die Problemfrachten, die Lentz seinen Zeilen oft aufbürdet.   "Wenn ein Grundirrtum in allem tun uns begleitet und wir bei allem was wir tun uns fragen müssen..“ 
Müssen wir das? Hier meine ich - und die künftige Sekundärliteratur zu Lentz wird das nicht widerlegen können,- den Einfluss der aktuellen Lebensberatung zu vernehmen. Sozusagen Beziehungskistenmentalität.Hier höre ich einen Coach, wie er mit leiser Stimme „allem Tun“ ein Problem ans Bein bindet.
Nein, das sind keine großartigen Verse, die Lentz uns hier serviert. Lentz schreibt wie viele Lyrikblogger ein bisschen altklug ins Blaue hinein, er montiert alte Weisheiten ins Ungefähre  seiner Zeilensprünge, die, machte man sie rückgängig, bloß eine äußerst windige Prosa ergäben.
Die FAZ irrt sich häufig in Lyrikfragen,  schon auf der ersten Seite ihrer Großkundgebungen, wenn sie ihren bekannten  Entdeckerton anstimmt.
Felizitas von Lovenberg, - wie gerne ich doch ihren Namen ausschreibe -
fällt in waschechte Verzückung beim Lesen der Lentzschen Gedichte: „Eines schöner,schmerzlicher, bestürzender, klüger, egomanischer, wahrer als das andere.“ 
Donnerwetter, ob das nicht bereits ihre eigene Lyrik ist? Verehrte Felizitas?
Sie ist ja charmant, nicht bös wie Kritiker sonst oft sind, vermutlich hat Lentz sie einfach rumgekriegt. Lentz ist ganz ein Typ unserer Tage, kann sich verkaufen und ist kein Kind von Traurigkeit. Warum auch, für ihn läuft es sehr gut.
(Übrigens gönne i ch ihm das.Denn er wird es nicht leicht haben mit seiner Lyrik.) 
Ja, was haben sie in der FAZ nicht schon alles hoch hinauf geschrieben, das Stunden später sbereits wieder  dem Vergessen anheim fiel.
Das geht auf die Schule des Oberlehrers Marcel Reich Ranickis zurück, in der auch Frau von Lovenberg bis heute treu und brav sitzen ge blieben ist.