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Ulm News, 02.12.2017 14:00

2. Dezember 2017 von Ralf Grimminger
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Ulmer Gemeinderat fordert schnelles und faires Verfahren für inhaftierte Mesale Tolu


Im Vorfeld des internationalen Tages der Menschenrechte, der am 10. Dezember begangen wird, informierte der Arbeitskreis Menschenrechtsbildung Ulm/Neu-Ulm am Samstag in der KZ-Gedenkstätte Oberer Kuhberg über die Situation der in der Türkei inhaftierten Ulmer Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu (s. Einladung des DZOK unten). Dabei sprach Dr. Thomas Kienle, CDU-Fraktionsvorsitzender im Ulmer Gemeinderat. Im Namen aller Fraktionen verlas er folgende Erklärung des Ulmer Gemeinderats. Kienle erklärte, man erwarte, dass Mesale Tolu an Weihnachten zu Hause ist  Er dankte auch den zahlreichen Ulmern und Neu-Ulmern, die sich für die Freilassung der 33-jährigen Deutschen einsetzen. Ali Riza Tolu, der Ehemann der deutschen Journalistin Mesale Tolu ist vor wenigen Tagen aus der haft entlassen worden. Er bleibt bis zu seiner Verhandlung auf freiem Fuß. 

Nachfolgend  die Erklärung des Ulmer Gemeinderats im Wortlaut: 

„Die Hoffnung auf das Schöne und Gute kann uns niemand nehmen“. Diesen Satz schrieb Mesale Tolu, an die wir heute ganz besonders denken, erst vor wenigen Wochen in einem Istanbuler Frauengefängnis.
Ihr Brief an ihren kleinen Sohn Serkan, der in mehreren Zeitungen erschienen ist, gibt uns einen kleinen Einblick in ihre schwierige Situation. Einen Satz mit dem sie, trotz aller Furcht und Ungewissheit, ihre Zuversicht zu behaupten sucht. Seit dem 30. April, also seit jetzt mehr als sieben Monaten, ist die Ulmerin in der Türkei inhaftiert. Ihr werden Mitgliedschaft in einer „bewaffneten terroristischen Organisation“ und Verbreitung von „Terrorpropaganda vorgeworfen.
Tatsache ist, das Mesale Tolu Beerdigungen von Mitgliedern der Marxistisch- Leninistischen Partei besucht hat, einer Partei, die im Terrorverdacht steht. Und sie ist auf Bildern einer Gedenkveranstaltung für eine getötete Kämpferin der kurdischen Miliz zu sehen. Veranstaltungen, die sie als Berichterstatterin besucht hat. Für eine Zeitschrift, die der Staatsanwalt als Propagandamaterial wertet. Noch ist die Zeitschrift frei verkäuflich.
Vorwürfe und Anschuldigungen, gegen die sich Mesale Tolu mit allem Nachdruck wehrt. Bei ihrer Arbeit als Journalistin und Übersetzerin wollte und will sich Mesale Tolu für eine bessere und gerechtere Welt einsetzen. Jetzt drohen ihr bis zu 20 Jahre Haft. Als Gemeinderäte ihrer Heimatstadt und auch ganz persönlich sind wir vom Schicksal dieser jungen Mutter und ihrer Familie tief betroffen. Obwohl wir keinen Einfluss haben auf das laufende Verfahren, wollen wir heute auch unsere Stimme erheben, um Mesale Tolu in ihrer schwierigen Lage zu unterstützen.
Auch, weil die Türkei Mitglied des Europarates ist und die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet hat, haben wir nicht nur Hoffnung auf ein faires Verfahren, das am 18.12.2017 fortgesetzt wird, sondern fordern wir es auch ein. Ein faires Verfahren heißt auch ein schnelles Verfahren. Nach Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention darf es keine Untersuchungshaft geben, die bis zu fünf Jahre dauern kann. Deshalb erwarten wir, das Mesale an Weihnachten zuhause ist und ihren Sohn Serkan und ihren Mann Suat Corlu, der am Dienstag aus der Haft entlassen wurde, wieder in die Arme schließen kann.
Mesale ist hier in Neu-Ulm und Ulm groß geworden, hier zur Schule gegangen, hat Spanisch und Ethik studiert und sich damit früh mit den Rechten, die mit uns geboren sind, auseinander gesetzt. An diese Rechte glaubt sie und sie vertraut auf sie. Mesale Tolu steht als Deutsche auch unter dem besonderen Schutz unseres Grundgesetzes. Unser Grundgesetz garantiert auf unserem Staatsgebiet die Freizügigkeit, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, und es garantiert auch die Pressefreiheit, in Wort und Bild zu berichten und zu veröffentlichen. Diese Garantie gilt auch dann, wenn es kritisch wird und gerade auch dann, wenn sich die Berichte nicht mit den Machthabenden solidarisieren, sie gar in ein zweifelhaftes Licht stellen oder sie auch ganz direkt kritisieren.
Mesale Tolu ist nun nicht angeklagt wegen einer Schmähkritik, sondern weil sie angeblich Mitglied in einer terroristischen Vereinigung ist. Dieser Vorwurf wiegt schwer und er wäre auch in Deutschland nach Paragraph 129 a StGB mit einer Strafdrohung mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren bedroht. Nach unserer Vorstellung bedarf es für eine Verurteilung. einer Förderung, einer Stärkung oder einer Absicherung des spezifischen Gefährdungspotenzials einer kriminellen Vereinigung. Eine bloße Sympathiewerbung für die Vereinigung reicht nach unserer Rechtsprechung hierfür nicht aus. Erst recht reicht für e ine Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung die Veröffentlichung eines redaktionellen Berichtes über eine terroristische Vereinigung nicht aus. Und erst recht nicht die Beschaffung von Information für eine öffentliche Berichterstattung.
Genauso wenig sind Strafverteidiger, die Mitglieder einer terroristischen Vereinigung verteidigen, Mitglieder einer solchen, obgleich sie deren Rechte wahrnehmen und diese verteidigen. Deshalb ist es wichtig, dass die Türkei auch die Prinzipien des fairen Verfahrens, zu denen sie sich in der Konvention der Europäischen Menschenrechte verpflichtet hat, auch anwendet und sie im bevorstehenden Prozess gelten lässt. Deshalb fordern wir eine zügige Verhandlung, keine weitere Inhaftierung ohne ein faires Verfahren, keine weiteren freiheitsentziehenden Maßnahmen ohne einen begründeten Verdacht und keine Strafe ohne eine gesetzliche Strafandrohung.
„Nulla poena sine lege.“ Dieser unverbrüchliche Grundsatz gilt in allen Rechtssaaten auf dieser Welt und er muss auch im Verfahren gegen Mesale Tolu gelten.
Demnach hat sie auch als unschuldig zu gelten, bis sie rechtskräftig verurteilt ist. Und zu unserer unumstößlichen Rechtstradition gehört es auch, dass nicht Mesale Tolu ihre Unschuld beweisen muss, sondern die Anklage muss ihre Schuld beweisen und im Zweifel ist für den Angeklagten zu entscheiden.
Auch das fordert Artikel 6 der Menschenrechtskonvention im Rahmen eines fairen Verfahrens von den Anklägern am 18.12.2017.

Wunsch des Gemeinderats 

Nach unseren Vorstellungen genießen Pressevertreter überdies den besonderen Schutz der Verfassung. Sowohl ihre Meinungsäußerungen als auch die Räume, in denen Pressearbeit gemacht wird, sind besonders geschützt. Sie und ihre Telefone dürfen nicht ohne richterliche Anordnung abgehört werden. Und erst recht nicht darf es willkürliche Verhaftungen geben. Und auch der Informandenschutz steht unter dem besonderen Schutz einer modernen demokratischen freiheitlichen Verfassung. Wenn all diese Prinzipien am 18.12.2017 gelten, sind wir sicher, dass Mesale Tolu spätestens an Weihnachten ihren Sohn Serkan wieder in die Arme schließen kann. 
Dies ist auch der Wunsch des Ulmer Gemeinderat, für den ich heute spreche und in dessen Namen ich all denjenigen Dank sagen möchte, die in mehr als 25 Mahnwachen auf kalten Plätzen bei Wind und Wetter immer wieder die Stimme erhoben haben, dass Gerechtigkeit im Prozess gegen Mesale Tolu walten wird. Wir danken besonders: der Familie und dem Freundeskreis Mesale Tolu, Herrn Cengiz Dogan vom Unterstützerkreis und den türkischen Gemeinden und Bürgern, Dank an Frau Glathe- Braun und Frau Mattheis, …. die immer wieder und regelmäßig ihre Stimme für ein faires Verfahren erhoben haben. Auch Dank an Frau Wenge vom Dokumentationszentrum und den AK Menschenrechtsbildung (Manfred Makowitzki), die ehemaligen Lehrer und all die vielen Ulmer und Neu-Ulmer Bürger, die regelmäßig auf dem Münsterplatz ihre öffentliche Unterstützung bezeugt haben. Sie und wir können dafür sorgen, dass Mesale und Deniz Yücel und die anderen politisch Gefangenen nicht vergessen werden. Unsere Stimmen sind wichtig, denn alle politischen Gefangenen benötigen die Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Wo nicht an sie erinnert wird, droht, dass sie in den politischen Kerkern vergessen werden.
Deshalb war es auch wichtig, dass Mesale Tolu, Deniz Yücel und alle gefangenen Journalisten kürzlich mit dem Dr. Karl Renner Publizistik-Preis ausgezeichnet worden sind, der nach dem österreichischen Bundespräsidenten benannt worden ist.
Und deshalb sagt der Ulmer Gemeinderat auch heute Dank für die heutige Erinnerungsveranstaltung, zwei Tage vor dem Sankt Barbara Tag. Und wenn wir am Montag Zweige für Mesale Tolu ins Wasser stellen, dann tun wir dieses in diesem Jahr ganz besonders auch mit der Erinnerung an die heilige Barbara, Schutzpatronin der Gefangenen, die von ihrem Vater in einem Turm gefangen gehalten wurde, weil sie die Nächstenliebe höher schätzte als die damals geltende Staatsraison, die ihr Vater vertrat.
Und wir sind auch dankbar, dass in Neu-Ulm und Ulm türkische und deutsche Mitbürger vereint für ein faires Verfahren einstehen und dass die Deutschtürkin an Weihnachten ihren Sohn in die Arme schließen darf. An ihr Kind, Serkan, gerichtet schrieb Mesale unlängst: „Vielleicht kannst du nicht auf dem Spielplatz toben, aber dafür hast du Dutzende Menschen um dich, die in Gedanken immer bei dir sind und für unsere Freiheit handeln.“
Welcher Ort wäre besser geeignet als dieser, um Freiheit einzufordern? Hier wurden zwischen 1933 und 1937 auch politische Häftlinge gefangen gehalten. Ohne Verfahren, ohne rechtlichen Beistand und ohne eine konkrete Vorstellung, wie lange das alles dauern und wie es ausgehen würde. Oftmals nur, weil sie eine andere Gesinnung hatten oder weil sie ein Unrecht beim Namen genannt haben, weil sie politischen Widerstand geleistet haben. Wir dürfen nicht vergessen und wir werden nicht vergessen.
Dieses dunkelste Kapitel unserer Geschic hte kann uns aber auch daran erinnern, dass Menschen überwinden können. Auch wenn es anfangs unmöglich erscheinen mag, auch wenn es lange dauern mag und es anstrengend sein wird. Aber weil wir wissen, dass es geht, haben wir jetzt allen Grund, mit Mesale Tolu, mit ihrer Familie und all ihren Unterstützern, auf einen positiven Ausgang zu hoffen. Und damit auch auf ein baldiges und gesundes Wiedersehen in ihrer Heimatstadt Ulm."



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