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Ulm News, 22.03.2017 11:50

22. März 2017 von Ralf Grimminger
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XXXV. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Ulm eröffnet


Der XXXV. DGKJP Kongress ist am Mittwoch im Congresse Centrum Ulm eröffnet worden. Bei dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie geht es um eine bessere Teilhabe für traumatisierte und psychisch belastete Kinder und Jugendliche. Außerdem wird bis zum 25. März ein umfangreiches Fortbildungsprogramm angeboten.  

Die Zahlen sind relativ konstant. Nach den Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts zeigen zirka ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland auffälliges Verhalten und/oder leiden an emotionalen Belastungen. Knapp ein Drittel der in Deutschland aufgewachsenen Personen berichten in repräsentativen Untersuchungen davon, in ihrer Kindheit vernachlässigt, misshandelt oder sexuell missbraucht worden zu sein.
„Zwar sehen wir im Vergleich zu einer Untersuchung zum Zeitpunkt des Missbrauchsskandals 2010 heute einen signifikanten Rückgang der körperlichen Vernachlässigung, gleichzeitig haben zahlenmäßig die berichteten Misshandlungsformen, insbesondere die emotionale Misshandlung, eher leicht zugenommen“, berichtet Prof. Dr. Jörg. M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm, aus einer eigenen Untersuchung, die aus Anlass des Kongresses durchgeführt wurde. Die Zahlen wurden erstmals in der vergangenen Woche vorgestellt. „Wir wissen, dass belastende Kindheitsereignisse und seelische Probleme häufig Grund für Schamgefühle, Stigma und sozialen Ausschluss sind“, erklärt Fegert die Notwendigkeit für ein regelmäßiges Monitoring zu Missbrauch.
Angesichts der hohen Zahlen zu frühen Kindheitsbelastungen war es für Fegert, der als Kongresspräsident für die inhaltliche Gestaltung verantwortlich ist, wichtig mit Prof. Martin Teicher (Harvard-Universität) einen der renommiertesten Forscher zu Folgen von Vernachlässigung, Misshandlung und sexuellem Missbrauch, als Keynote-Speaker gewinnen zu können. Teicher hält beim Kongress gleich zwei Vorträge: einen zur Traumafolgenforschung und einen zu den besonderen Belastungen geflüchteter Kinder und Jugendlicher. Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Ulm hat sich in den letzten Jahren mit dem „Zentrum für Traumaforschung“ und dem „Kompetenzzentrum Kinderschutz in der Medizin“ als fachübergreifender Traumaforschungsstandort etabliert.
Mit der Unterzeichnung der UN-Kinderrechtskonvention und der UN- Behindertenrechtskonvention hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, für Rahmenbedingungen zu sorgen in denen alle Kinder und Jugendliche mit oder ohne Beeinträchtigungen oder Behinderungen „dazugehören“ können. Dabei darf es laut Fegert nicht nur das Prinzip gleiches Recht für alle (equality) geben. „Es geht auch um equity, also darum, jedem die Unterstützung zu geben, die er oder sie braucht, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.“
Die schulpolitische Debatte um Inklusion wird wegen der föderalen Zuständigkeit im Bildungswesen in jedem Bundesland unterschiedlich geführt. Bislang waren die Hilfen zur Teilhabe, sogenannte „Eingliederungshilfen“, bundeseinheitlich geregelt. Nach einem jüngst öffentlich gewordenen Gesetzentwurf des Bundesfamilienministeriums (BMFSFJ) drohe auch hier ein Flickenteppich von unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern, so Fegert, der den Gesetzentwurf kritisiert. Ursprünglich war das Ziel der Reform, die Regelungen aus dem Bundesteilhabegesetz für Erwachsene zu komplettieren. Dabei sollte vom Kind her gedacht werden und eine sogenannte „inklusive Lösung“, also ein Rechtsanspruch auf Förderung der Teilhabe für alle Kinder und Jugendliche geschaffen werden.
Schon vor Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) hatten viele Verbä ;nde, darunter die DGKJP, eine sogenannte „große Lösung“, d.h. die Zuständigkeit der Kinder und Jugendhilfe für alle Kinder und Jugendlichen mit allen Behinderungsformen bei der Gewährung von Eingliederungshilfe gefordert, denn kombinierte Behinderungen, z.B. psychische Probleme bei einer chronischen körperlichen Erkrankung, sind eher die Regel als die Ausnahme.
„Gerade in Ulm mit der Donau als Ländergrenze wird deutlich was passieren würde, wenn wir uns von einheitlichen sozialrechtlichen Standards und Vorgehensweisen bei der Hilfeplanung zwischen den Bundesländern verabschieden würden“, sagt Prof. Dr. Jörg M. Fegert. 
Aber was heißt „Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für Kinder und Jugendliche“? Die Kinder der Hans-Lebrecht-Schule, Schule für kranke Kinder in Ulm, die gerade noch kurz vor dem Kongress ihren Neubau auf dem Klinikgelände beziehen konnte, haben in einem Schulprojekt den richtigen, für alle verständlichen Begriff befunden: „Dazugehören“. Jedes Kind wünscht sich die Zugehörigkeit zu einem Freundeskreis, zur Klassengemeinschaft, zu Gruppen, die gleiche Interessen z.B. im Sport oder in der Musik teilen. „Wir haben die Kinder, die wir während des Krankenhausaufenthalts unterrichten, danach gefragt, wo sie zum Zeitpunkt der Aufnahme noch dazugehören und wo sie nach einer erfolgreichen Behandlung in der Zukunft dazugehören wollen,“ sagt Dorothee Blaumer, Rektorin der Schule.
Daraus ist eine Ausstellung mit Bildern von Kindern und Jugendlichen entstanden, die von Ausgrenzung, Rückzug und Isolation ebenso zeugt, wie von der Bedeutung der Familie und vor allem der Freundeskreise und Gleichaltrigengruppen. Die Ausstellung ist in erweiterter Form, ergänzt um Bilder junger Menschen, die nach Deutschland geflohen sind, während des Kongresses im CCU zu sehen.
„Da der Klinikaufenthalt mit der Behandlung der psychischen Probleme der Kinder und Jugendlichen häufig auch eine neue Weichenstellung mit dem Ziel einer besseren Teilhabe mit sich bringt, kommt der Klinikbeschulung eine große Bedeutung zu. Hier können wir sehen, ob Kinder und Jugendliche wieder im Alltag klar kommen können und gemeinsam mit Eltern und Kindern tragfähige Beschulungskonzepte und aktive Inklusion vorantreiben“, sagt Blaumer. „Bei der Inklusion von Kindern mit unterschiedlichen Behinderungsformen sind sogenannte 'Schulbegleiter' wichtige individuelle Unterstützer.
Die Zahl solcher Schulbegleiter hat nicht nur in Baden-Württemberg drastisch zugenommen, ohne dass es eine einheitliche Ausbildung oder Vorbereitung auf diese Aufgabe gäbe. Die Baden-Württemberg Stiftung hat deshalb die Entwicklung eines Curriculums für solche Schulbegleiter unterstützt und gleichzeitig eine Diskussion über die qualitative Entwicklung solcher Hilfen im Land Baden- Württemberg begleitet“, sagt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. Das Curriculum ist rechtzeitig zum Kongress fertig geworden und wird hier präsentiert. Die Baden-Württemberg Stiftung und ihre Unterstiftung, die Stiftung Kinderland, sind gerne Mitveranstalter des XXXV. DGKJP Kongresses „Allen Kindern bessere Chancen zum Aufwachsen zu geben, dafür zu sorgen, dass sie sich dazugehörig fühlen und ihren Platz in unserer Gesellschaft finden, ist eines der großen Ziele im sozialen Bereich unserer Stiftu ng“, sagt Dahl.
Doch viele Kinder erleben Ausgrenzung oder werden sogar Opfer von Mobbing. Sozialer Rückzug oder selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität sind nicht selten die Folgen. D eshalb fördert die Baden-Württemberg-Stiftung das Projekt „Schulen stark machen gegen Suizidalität und Selbstverletzendes Verhalten-4S“ der Ulmer Arbeitsgruppe, in dem es darum geht, Schulpersonal dabei zu unterstützen, bei dem Verdacht auf selbstverletzendes Verhalten und mögliche Suizidalität bei SchülerInnen richtig zu reagieren. Erste Ergebnisse des Projekts werden im Rahmen des Kongresses dargestellt. An der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Heidelberg wird von der Baden-Württemberg-Stiftung ein Programm zur Reduktion von Mobbing und zur Verbesserung des Klassenklimas („Olweus Mobbing-Präventions-Programm“ nach dem skandinavischen Forscher Dan Olweus, der die weltweite Mobbingforschung in der Schule geprägt hat) für die deutschen Verhältnisse angepasst und verbreitet. Prof. Franz Resch, Ärztlicher Direktor der Heidelberger Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie betont: „Gerade angesichts der Wirkung der neuen Medien ist es essentiell, dass wir Schülerinnen und Schüler dabei unterstützen ein förderliches Klassenklima und einen respektvollen Umgang untereinander zu pflegen.“ Ausgrenzung und Herabsetzung Einzelner gab es zu allen Zeiten in der Schule. Durch so genanntes „Cyber-Mobbing“ und auch die Verbreitung sexualisierter Inhalte im Internet ist aber die Bühne, auf der bloßgestellt wird, viel prominenter und permanenter geworden. Eine Demütigung lässt sich – einmal im Netz – schwer entfernen. Insofern ist es wichtig, hier nicht nur medienpädagogisch zu informieren, sondern präventiv am Klassenklima zu arbeiten.
„Die Programme von Dan Olweus, die wir mit Unterstützung der Baden-Württemberg- Stiftung für die deutschen Verhältnisse angepasst haben und in Baden-Württemberg derzeit in einem Modellprojekt einsetzen, sind hier eine große Stütze“, sagt Resch.



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